Geschützte Beschäftigung
Internationaler Vergleich
In Europa existiert eine Vielzahl an Angeboten, Maßnahmen und Leistungen für Menschen mit Behinderungen, die aufgrund der teilweise unterschiedlichen politischen Grundlagen, Aufbau und Beschaffenheit nur bedingt miteinander verglichen werden können. Nichtsdestotrotz wurden in den letzten Jahren gerade auf Ebene der Europäischen Union Versuche unternommen Unterstützungssysteme und Leistungen gegenüberzustellen.
Die Koordinierungsstelle recherchierte 2016/2017 zu diesem Thema und erstellte einen Bericht 2017 (PDF) sowie eine Zusammenschau (PDF) der ausgewählten europäischen Länder und Inklusionsmodellen über die Themen „Arbeitsfähigkeit und geschützte Beschäftigung“.
Auszug aus dem Bericht
„Arbeitsfähigkeit und geschützte Beschäftigung" in anderen Ländern
Volle Erwerbsminderung: Arbeitsleistung von weniger als 3 Std. täglich möglich. Z.B.: Menschen mit Behinderung die in einer „Behindertenwerkstatt“ arbeiten – Die Beschäftigten sind hierbei in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis angestellt und sozial- sowie rentenversichert. Wegen der fehlenden Vermittelbarkeit bzw. dauerhaften Verfügbarkeit für den 1. Arbeitsmarkt besteht keine Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung.
Teilweise Erwerbsminderung: Restleistungsvermögen zwischen 3 und 6 Stunden täglich, das eine entsprechende Teilzeitbeschäftigung erlaubt.
Kann irgendeine Arbeit mindestens 6 Stunden täglich durchgeführt werden, so liegt keine Erwerbsminderung vor. Werkstätten dienen der „beruflichen Rehabilitation“. Es besteht ein Rechtsanspruch auf diese Leistung. Die zuweisende Stelle: Agentur für Arbeit
Budget für Arbeit (BfA)
Das Budget für Arbeit (BfA) ist eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben, die mit dem Bundesteilhabegesetz ab 01.01.2018 als neuer § 61 SGB IX bundesweit eingeführt wurde. Es soll Menschen mit Behinderungen eine alternative Beschäftigung zur Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) ermöglichen und sie darin unterstützen, ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einzugehen. Das Budget für Arbeit richtet sich an Menschen mit Behinderungen, die einen Anspruch auf Leistungen im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen haben und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten möchten. Dabei handelt es sich um einen Lohnkostenzuschuss an den/die Arbeitgeber_in („Ausgleich von Leistungsminderung“ des/der Beschäftigten). Hinzu kommen die Aufwendungen für die erforderliche Unterstützung und Begleitung der Person am Arbeitsplatz. Bei einem Scheitern des Arbeitsverhältnisses ist eine Rückkehr in die WfbM sichergestellt. Das BfA soll Kosten für einen Werkstättenplatz grundsätzlich nicht übersteigen.
Um als behinderte_r Arbeitnehmer_in anerkannt zu werden, muss man
- eine Erwerbsminderung von mindestens 30% nachweisen,
- als geeignet anerkannt sein, eine entlohnte Tätigkeit auf dem 1. AM oder in einer Werkstatt für behinderte Menschen auszuüben, (Prüfung durch medizinische Kommission)
- beim Stellenvermittlungsbüro des luxemburgischen Arbeitsamts (ADEM) als arbeitsuchend registriert sein oder einem Unternehmen in Luxemburg arbeiten.
In Werkstätten wird der landesweite Mindestlohn (2017: 1998,59 €) gezahlt. Zusätzlich gibt es Ausbildungseinrichtungen zur Qualifizierung für eine Werkstätte oder den allgemeinen Arbeitsmarkt für Jugendliche mit Behinderung ab 16 Jahren.
Participation Act 2015 – neues Teilhabegesetz
WAJONG: Invaliditätspension für Menschen die entweder vor dem 18.Geburtstag eine Behinderung erworben haben oder vor dem 30.Geburtstag während einer Ausbildung – selt 2015 nicht mehr zugänglich für jene die 20% des Mindestlohns verdienen können.
Arbeitsfähig ist jemand der mindestens 4 Stunden täglich arbeiten kann, davon 1 Stunde selbstständig, über grundlegende Mitarbeiter_innenfähigkeiten verfügt und zumindest einige Aufgaben erledigen kann. Arbeitsfähig ist jedoch auch wer unter Anleitung, in einer Einrichtung bzw. im geschützten Bereich arbeitet
Werkstätten sind „Ausbildungsräume“ (mit Qualifizierungsauftrag innerhalb von 3 Jahren für den 1. Arbeitsmarkt) für Menschen mit Behinderung ab 18 Jahren (Schulpflicht besteht in Belgien bis 18 Jahre), die noch nicht in der Lage sind selbständig auf dem Arbeitsmarkt tätig zu sein. In den Werkstätten wird der landesweite Mindestlohn gezahlt. (2017: 1.562,59 € pro Monat)
Eine Beihilfe zur Ersetzung des Einkommens erhalten Personen mit Behinderung deren Erwerbsfähigkeit auf 1/3 oder weniger dessen, was eine gesunde Person auf dem Arbeitsmarkt verdienen kann, eingeschränkt ist.
Geschützte Arbeit wird in Schweden zu einem Großteil von Samhall AB durchgeführt, einer Aktiengesellschaft in staatlicher Hand. Samhall ist ein ehemaliger Industriebetrieb, jetzt Dienstleistungsanbieter, der an eigenen Standorten produziert, Arbeitskräfteüberlassungen durchführt und auf den 1. Arbeitsmarkt begleitet.
Zielgruppe: Menschen mit Erwerbsminderung resultierend aus dauerhaften Beeinträchtigungen, die keine Beschäftigung (mit Hilfe von Arbeitsmarktmaßnahmen) am ersten Arbeitsmarkt finden.
- Circa 23.000 Menschen sind beschäftigt
- Entlohnung erfolgt nach Tarifvertrag
- Es gibt eine Rückkehrmöglichkeit für 12 Monate nach Vermittlung
Vorgaben (Auszug)
- Sinnvolle Beschäftigung und Training für Menschen mit Behinderungen
- 1500 jährlich in den ersten Arbeitsmarkt zu begleiten
Supported Employment Projekte in Österreich
- „Spagat“, Institut für Sozialdienste - Vorarlberg
- „Mittendrin“, Arbas bzw. Verein VIANOVA - Tirol
- „Chancenforum“, Autark - Kärnten
- „Pro.Work“, FAB - Oberösterreich
- Berufsqualifizierungsprojekte nach §10 CGW - Wien
- Integrationsfachdienst „Jobwärts“, Jugend am Werk - Wien
- „P.I.L.O.T“ Integration Wien - Wien
Ist ein Modell zur beruflichen Integration von Menschen mit erheblichen Behinderungen.
Unterstützt, begleitet und vermittelt in den 1. Arbeitsmarkt. Begleitungsdauer: 1-3 Jahre, auch nach Jobeintritt
Inhalte (Auszug):
- Persönliche Zukunftsplanung. Zusammenarbeit mit, von für den betroffenen Menschen, wichtigen Personen (Unterstützungskreis).
- Bereitschaft des sozialen Umfelds zur engagierten Mitarbeit.
- Kooperation der regionalen Betriebe mit Ämtern und Behörden.
Zielgruppe:
Jugendliche mit erheblicher Behinderung am Übergang von der Schule in die Arbeitswelt
Inhalte (Auszug):
- Persönliche Zukunftsplanung. Zusammenarbeit mit, von für den betroffenen Menschen, wichtigen Personen (Unterstützungskreis).
- Praktika
- Mentoring im Betrieb
- Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz
- Persönliche Assistenz zur Strukturierung des „restlichen Tages“
- Beschäftigung in Unternehmen diverser Branchen am 1. Arbeitsmarkt. Zielgruppe: Personen mit Behinderung zwischen 18 und 65 Jahren aus Tagesstätten der Behindertenhilfe.
- SV-pflichtige Teilzeitverhältnisse. 14h-19h/Woche. Tagsatz (für Tagesstätte) vom Land Kärnten wird an Personen in Betrieben direkt als Gehalt bezahlt – Einstufung nach SWÖ KV Stufe 1. Personen sind bei Chancenforum angestellt.
Für die Betriebe: Kostenfreie Arbeitskräfteüberlassung - Geschulte Mentorinnen und Mentoren direkt in den Unternehmen.
- Assistenz, Beratung, Reflexion durch das Chancenforum und dem Unterstützungskreis.
- Begleitung direkt am Arbeitsplatz (Job Coaching, persönliche Arbeitsassistenz). Zusätzliche Freizeitassistenz ist möglich.
- Teilnahme an Fortbildungen und Kongressen, Psychosoziales Kompetenztraining, Mobilitätstraining, Peer Counseling
- Betreute Arbeitskräfteüberlassung für Personen mit Beeinträchtigungen, die vorübergehend oder dauerhaft am 1. Arbeitsmarkt keine Beschäftigung finden. Betreute Arbeitskräfteüberlassung ist eine Form der Geschützten Arbeit nach dem OÖ Chancengleichheitsgesetz. Unternehmen zahlen pro Stunde einen vertraglich vereinbarten Satz an FAB für die Arbeitsleistung der überlassenen Arbeitnehmer_innen.
- Land gilt Betreuungsleistungen von FAB ab, bestreitet Lohnkosten und Lohnnebenkosten. FAB zahlt Einnahmen aus den Aufträgen (Leistungsstunden) an das Land, diese sollten die „Kosten für Betreute“ decken, was in der Praxis nicht realisierbar ist.
- Personen sind im Auftrag des Landes OÖ bei FAB Pro.Work angestellt. Team der Arbeitsbegleitung ist in ganz OÖ tätig. Arbeitet mit Unternehmen zusammen, die Arbeitsplätze zur Verfügung stellen.
- Ziel ist dauerhafte Integration auf Arbeitsplätzen in Wirtschaftsbetrieben – durch langfristige Überlassung oder durch Übernahme in ein Dienstverhältnis.
Neben eigenen, sehr niedrigschwelligen Lehrausbildungsplätzen, fördert der Fonds Soziales Wien Berufsqualifizierungsprojekte für (junge) Menschen mit Behinderung. In den 12 sehr unterschiedlich ausgerichteten Projekten können die Teilnehmer_innen bis zu drei Jahre lang Unterstützung in Anspruch nehmen, um ein sozialversicherungspflichtiges Dienstverhältnis zu erlangen oder eine weiterführende Ausbildung anzustreben.
- Unterstützt wenn §9 CGW („Tagesstruktur“) vorhanden oder §10 CGW („Berufsqualifizierung“) Maßnahme abgeschlossen ist und ein Arbeitsplatz gesucht wird.
- Projekt für Personen mit Lernschwierigkeiten, psychischer Erkrankung oder Behinderung, die eine berufliche Veränderung suchen.
- Interessen & Wünsche der Person werden berücksichtigt und individuelle Lösungen erarbeitet sowie das Umfeld miteinbezogen.
- Unterstützung mögliche Arbeitsfelder zu finden sowie Herstellung von Kontakten für Praktika.
- Information über arbeitsrechtliche und finanzielle Belange.
- Gezielter Einsatz von Mentorinnen und Mentoren im Betrieb zur Stabilisierung.
Zielgruppe: Junge Erwachsene, 14 – 30 Jahre. P.I.L.O.T begleitet Personen mit erhöhtem Unterstützungsbedarf bei der persönlichen Zukunftsplanung.
Ziele:
- Beschäftigung und Teilhabe am Arbeitsmarkt sowie die Schaffung von inklusiven Wochenstrukturen und tagesstrukturierenden Aktivitäten.
- Unterstützung mögliche Arbeitsfelder zu finden & Herstellung von Kontakten für Praktika.
- Information über arbeitsrechtliche und finanzielle Belange.
- Vernetzung und Kooperation beteiligter Personen und Stellen.
- Förderung der eigenständigen Mobilität
- Workshops zur Weiterbildung der Fähigkeiten der Teilnehmer_innen
Gemeinsamkeiten und Unterschiede der österreichischen Projekte
Legende: K: Kärnten; OÖ: Oberösterreich; T: Tirol; VLG: Vorarlberg; W: Wien