Behinderung

Entwicklungen und Kooperationen

Die Unterstützung von jungen Menschen mit Behinderung und psychischer Beeinträchtigung am Übergang Schule – Beruf ist seit vielen Jahren ein wichtiges strategisches Entwicklungsfeld in Wien. Bereits 2007 haben sich das Arbeitsmarktservice und der Fonds Soziales Wien unter der Federführung des Sozialministeriumservice zu einer intensiven Kooperation im Sinne dieser Zielgruppe entschlossen (siehe auch Kooperationsstruktur). Mittlerweile wurde ein gut aufeinander abgestimmtes, breites Spektrum an Ausbildungs- und Unterstützungsangeboten für alle Jugendlichen aufgebaut. Jugendlichen mit Behinderung und psychischer Beeinträchtigung stehen zusätzlich noch spezialisierte Angebote bei Bedarf zur Verfügung.

Unterstützungs- und Ausbildungsangebote in Wien

In weiterer Folge werden entlang von Themenstellungen von jungen Menschen die spezialisierten Unterstützungs- und Ausbildungsangebote dargestellt.

Jugendliche mit Behinderung können sich bis zum Alter von 24 Jahren, für die Berufsorientierung und Bildungswegplanung an das Jugendcoaching wenden. Vier Jugendcoaching-Einrichtungen haben sich in Wien explizit auf die Bedarfe von Jugendlichen mit Behinderung bzw. psychischer Beeinträchtigung spezialisiert. Jugendcoaching

Im Anschluss an das Jugendcoaching können die Jugendlichen Unterstützung der Jugendarbeitsassistenz für die Lehrstellensuche in Anspruch nehmen. Auch hier haben sich drei Arbeitsassistenzprojekte auf die Bedarfe von jungen Menschen mit Behinderung spezialisiert. Jugendarbeitsassistenz

Jährlich werden etwa 1.800 Jugendliche mit Behinderung oder psychischer Beeinträchtigung im Jugendcoaching beruflich orientiert und etwas mehr als die Hälfte der Jugendlichen aus dieser Zielgruppe nehmen die Hilfe bei der Lehrstellensuche durch die Jugendarbeitsassistenz in Anspruch. Beide Programme werden durch das Sozialministeriumservice gefördert.

Das Berufsausbildungsgesetz (§8b BAG) ermöglicht es Jugendlichen mit Behinderung, die für eine Lehrausbildung mehr Zeit benötigen als der Lehrberuf vorsieht, eine Verlängerte Lehre zu absolvieren. Die Lehrzeit verlängert sich bei dieser Ausbildungsform um 1 bis maximal 2 Jahre. Die Jugendlichen besuchen die Berufsschule und schließen am Ende mit einer regulären Lehrabschlussprüfung ab.

Für Jugendliche mit Behinderung, die keinen ganzen Lehrberuf absolvieren können, ermöglicht das Berufsausbildungsgesetz (§8b BAG) eine Teilqualifizierungslehre. Jugendliche können in diesem Fall in 1 bis 3 Jahren Teile eines Lehrberufes erlernen und mit einer Teilprüfung abschließen. Der Besuch der Berufsschule ist möglich aber nicht verpflichtend.

In beiden Fällen begleitet eine Berufsausbildungsassistenz (BAS) die Jugendlichen und die Firma über die gesamte individuelle Lehrzeit. Sie bietet Unterstützung bei organisatorischen Angelegenheiten zu Lehrbeginn, bei der Abwicklung von Förderansuchen für Betriebe, hat regelmäßigen Kontakt zu Betrieb und Berufsschule und hilft bei der Organisation von weiteren Unterstützungsangeboten (etwa Jobcoaching im Betrieb, Lernunterstützung für den Berufsschulbesuch). Die BAS bietet Jugendlichen und anderer Personen, die an der Ausbildung beteiligt sind, Begleitung und Beratung bis zum Ausbildungsabschluss an.

Die Ausbildungsformen „Verlängerten Lehre“ und „Teilqualifizierung“ können auch – unter bestimmten (gesundheitlichen) Voraussetzungen – mit einer Reduktion der fiktiven Normalarbeitszeit absolviert werden, wobei sich die mögliche Gesamtdauer der jeweiligen Ausbildungsform nicht verlängert.

Die detaillierte Gesetzesformulierung findet sich im Berufsausbildungsgesetz (§8b BAG, Abs. 8)

Jugendlichen, die keine betriebliche Lehrstelle finden können, bietet das Arbeitsmarktservice Wien und der Fonds Soziales Wien überbetriebliche Ausbildungsplätze in Form einer Verlängerten Lehre und in Form einer Teilqualifizierungslehre an.

Die Berufsausbildungsassistenz begleitet und betreut Jugendliche, die eine Verlängerte Lehre oder Teilqualifizierungslehre absolvieren, während der gesamten Ausbildungszeit.

Jobcoaching wiederum bietet individuelle Unterstützung direkt am Arbeitsplatz für Personen mit Behinderung bzw. Beeinträchtigung und/oder psychischer Erkrankung. Ziel ist die optimale und nachhaltige Inklusion von Menschen mit Behinderung im Berufsleben. Dabei werden die fachlichen, kommunikativen und sozialen Kompetenzen gefördert, damit die gestellten Anforderungen dauerhaft selbstständig erfüllt werden können. Auch die Betriebe werden auf die Bedürfnisse von behinderten/beeinträchtigen Personen sensibilisiert.

Menschen mit Behinderungen, die mindestens Pflegestufe 3 haben und sich in einem sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnis oder einer Ausbildung befinden, können persönliche Assistenz am Arbeitsplatz (PAA) in Anspruch nehmen. Persönliche Assistenz fördert die Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung am Arbeitsplatz und/oder während einer Ausbildung bzw. eines Studiums. Die betroffene Person entscheidet selbst, von wem, wann, wo und wie die Assistenz geleistet wird, die behinderungsbedingt benötigt wird.

Nicht alle Jugendlichen können nach der Schule gleich eine weiterführende Ausbildung beginnen. Manche junge Menschen benötigen noch Zeit für Vorbereitung und Orientierung.

In den rund 12 Berufsqualifizierungsprojekten des Fonds Soziales Wien haben sie drei Jahre Zeit für persönliche Entwicklung. Das Ziel ist es in den Projekten unterschiedlichste Erfahrungen zu sammeln, in der Gruppe Projekte umzusetzen und bei betrieblichen Volontariaten Perspektiven für die weiteren beruflichen Schritte zu entwickeln. 2017 besuchten etwa 214 junge Menschen unter 25 die Berufsqualifizierungsprojekte. Berufsqualifizierungsprojekte nach §10 CGW

Auch die AusbildungsFit-Projekte oder die Qualifizierungsprojekte des Sozialministeriumservice können für junge Menschen mit Behinderung oder psychischer Beeinträchtigung ein passendes Angebot sein. Die Projekte haben unterschiedliche Schwerpunkte und dauern im Schnitt 12 Monate.
AusbildungsFitQualifizierungsprojekte des Sozialministeriumservice

Dieses Angebot richtet sich an Menschen mit Behinderung, die aktuell oder dauerhaft nicht in den Arbeitsmarkt integriert werden können. Im Rahmen der Tagesstruktur werden Betroffene von Fachkräften betreut und begleitet und haben die Möglichkeit durch verschiedene Tätigkeiten, neue Fähigkeiten zu erlernen sowie vorhandene Fertigkeiten zu trainieren. Die Beschäftigung in einer Tagesstruktur ist kein sozialversicherungspflichtiges Dienstverhältnis, daher wird eine Leistungsanerkennung bezahlt.

In Wien gibt es rund 100 verschiedene Tagesstruktur-Einrichtungen, die sich auf unterschiedliche Zielgruppen und Tätigkeitsbereiche spezialisieren. Zuständig für die Leistung Tagesstruktur ist der Fonds Soziales Wien, über den auch der Zugang erfolgt.
Tagesstruktur nach § 9 CGW, Fonds Soziales Wien – Tagesstruktur

In Wien gibt es unterschiedliche Stellen, die Menschen mit Behinderung beraten und begleiten. Unter dem Titel Berufsintegration fördert der Fonds Soziales Wien beispielsweise den Integrationsfachdienst Jobwärts und das Projekt P.I.L.O.T.

Der Integrationsfachdienst Jobwärts (IFD) bietet Menschen mit Behinderungen, die Anspruch auf Leistungen des Fonds Soziales Wien haben, Beratung rund um das Thema Arbeit an, hilft bei der Suche nach Volontariaten/ Praktikumsmöglichkeiten und unterstützt bei der Bewerbung und Einarbeitung. Die Beratung und Begleitung kann wiederholt und zeitlich unbeschränkt genutzt werden.

Das Projekt P.I.L.O.T. von Integration Wien begleitet junge Menschen mit erhöhtem Unterstützungsbedarf langfristig bei der persönlichen Zukunfts- und Lebensplanung. Dabei werden unter Kooperation mit dem sozialen Umfeld individuelle Ziele verfolgt, Praktika organisiert und Mobilität gefördert. Zentrale Ziele des Projektes sind Beschäftigung und Teilhabe am Arbeitsmarkt sowie die Gestaltung von inklusiven Wochenstrukturen und tagesstrukturierenden Aktivitäten.

Neben diesen Projekten gibt es zahlreiche weitere Beratungsstellen, die zu verschiedenen Themen im Zusammenhang mit Behinderung beraten. Bei BIV integrativ bekommen Menschen mit Behinderung Bildungsberatung.

Das Elternnetzwerk richtet sich an Eltern/Angehörige von Jugendlichen mit Behinderungen, bietet Austausch und Informationsveranstaltungen an und berät im Bereich Übergang Schule-Beruf.

Die Frauenassistenz, BizepsPro Mente oder Zeitlupe bieten ebenfalls vielfältige Beratung im Themenfeld Behinderung an. Die Beratungsteams dieser Stellen arbeiten nach dem Peer Counselling-Ansatz und sind selbst betroffen.

Für Menschen die im Alltag und/oder bei Ausbildung und Arbeit Hilfsmittel benötigen, stehen in Wien ebenfalls Beratungsangebote zur Verfügung.
Angebotslandschaft Behinderung auf Google Maps

Die Teilhabe von Menschen mit Behinderung an der Arbeitswelt ist ein zentrales gesellschaftspolitisches Ziel. Für Menschen mit Behinderung ist ein Arbeitsversuch mit der Unsicherheit verbunden, Leistungen der Grundsicherung (bspw. die Mindestsicherung oder Waisenpension) oder Transferleistungen (bspw. erhöhte Familienbeihilfe) dauerhaft zu verlieren.

Daher wurde bereits 2001 der Arbeitskreis Rückversicherung gegründet, der sich aus Vertretungen des Landes Wien (FSW und MA 40), des AMS Wien, der Pensionsversicherungsträger und der Finanzverwaltung zusammensetzt und von der Landesstelle Wien des Sozialministeriumservice koordiniert wird.

In dessen Rahmen wurden Regelungen und Verwaltungsabläufe entwickelt, die ein Wiedererlangen der Leistungen bei Scheitern eines Arbeitsversuches bei Einhaltung definierter Vorgehensweisen sicherstellen sollen.

Die Koordinierungsstelle begleitet den Arbeitskreis Rückversicherung und stellt alle relevanten Informationen rund um das Thema Rückversicherung zur Verfügung. Themen/Rückversicherung

Das Thema Behinderung ist in Österreich eine sogenannte „Querschnittsmaterie“. Das bedeutet, dass sich Regelungen, die Menschen mit Behinderungen betreffen in vielen verschiedenen Gesetzen finden lassen. Gerade in Bezug auf die Bereiche Ausbildung und Arbeit, gibt es jedoch Gesetze, die sich ausschließlich mit der Situation von Menschen mit Behinderungen beschäftigten.

Dazu zählen vor allem Folgende:

Chancengleichheitsgesetz Wien
Ziel dieses Gesetzes ist es, Menschen mit Behinderung beim chancengleichen, selbstbestimmten Zugang zu allen Lebensbereichen, insbesondere bei der chancengleichen Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Leben zu unterstützen. Zur Erreichung dieses Ziels sollen verschiedene Leistungen finanziert werden. Unter anderem sind Regelungen zu den Bereichen „Schule“; „Berufsqualifizierung und Berufsintegration“; „Arbeitsintegration“ und „Tagesstruktur“ enthalten.

Ähnliche Chancengleichheitsgesetze gibt es auch in anderen Bundesländern.

Behinderteneinstellungsgesetz
Das Behinderteneinstellungsgesetz bildet zusammen mit dem Bundesbehindertengesetz und dem Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz die gesetzliche Grundlage für das Behindertenrecht. Darin enthaltene Regelungen betreffen vor allem die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen, den Status „begünstigt“, die Ausgleichstaxe, Behindertenvertrauenspersonen sowie den Diskriminierungsschutz im Bereich Arbeit.

Bundesbehindertengleichstellungsgesetz
Dieses Gesetz hat zum Ziel Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen zu verhindern oder zu beseitigen

Bundesbehindertengesetz
Ziel dieses Gesetzes ist es Menschen mit Behinderungen bzw. jenen die von Behinderung bedroht sind, durch verschiedene Maßnahmen die bestmögliche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu sichern.